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Z0mb1es

Zombies… Stinkende, wankende Zombies… ein Meer von Zombies, das die Straßen verstopfte und wellenartig gegen Mauern und Zäune schwappte.

Der chemisch-industrielle Komplex, in dem er sich gerade aufhielt, erinnerte Gene an ein Steampunk-Venedig, während einer lauen Sommernacht, nur ohne Gondoliere.

Der bewölkte Halbmond erleuchtete die Umgebung nur unzureichend, was aber völlig nebensächlich war, da der gesamte Komplex in den Straßen und Plätzen durch zahlreiche künstliche Beleuchtung taghell erstrahlte.

Während er über das halbdunkle Dach der Lagerhalle hechtete, wünschte er sich einen LKW, der bis zum Rand mit Brandgranaten gefüllt war. Oder nein, besser ein Tankflugzeug, das bis zum Bersten mit Napalm betankt worden war.

Er erreichte den Rand des Daches und sprang, ohne zu zögern, auf das Dach des Nachbargebäudes. Im Flug sah er kurz das Getümmel in den hellen Straßen.

Hinter sich hörte er wie sein Teamkamerad ebenfalls auf dem Dach landete. Johnson schien leicht außer Puste zu sein: »Jetzt warte doch mal, verdammt Gene, wo willst du denn hin?«

Wenn du weniger reden würdest, hättest du mehr Atem zum Laufen und hättest mich viel früher eingeholt dachte sich Gene. Immer weiter rennen, weg von dem nervtötenden Gestöhne der untoten Brut unter ihm, weg von Johnson, weg von all diesem Scheiß hier.

Kurz hielt er an, um sich zu orientieren. Als er den Leuchtturm ausgemacht hatte, stürmte er weiter in dessen Richtung, während Johnsons dumme Worte über das Dach irrten: »Wir sollen doch den Kirchturm sichern, was hast du denn vor? Das ist die falsche Richtung.«

Unbeirrt lief Gene über die Dächer weiter, bis das Scharfschützengewehr auf seinem Rücken nicht mehr stramm an der Kampfweste sitzen wollte. Es schlackerte im Takt seiner Schritte, so dass er kurz anhalten musste, um die Schnalle des Gewehrgurtes wieder fester zu ziehen. Als das SG338 sich wieder an seinen Rücken schmiegte rannte er weiter Richtung Leuchtturm.

Dann, nach drei weiteren Dächern, änderte sich plötzlich schlagartig die Umgebung. Der industrielle Komplex mit seinen Röhren, Masten und Lagerhallen zog sich zurück und gab den Blick auf unbewohntes Weideland frei. Gene war gezwungen seine Hast zu unterbrechen. Leicht nervös, wie ein Tier in der Falle, ließ er seinen Blick über die vom Mond beschienene Szenerie schweifen.

Als er den Blick über den Dachrand warf, wurde er sofort von der dort herrschenden Beleuchtung und dem Krach der Untoten geblendet. Wie ein Haufen Irrer kratzten und scharrten sie an den Mauern und warfen sich gegen die Zäune.

Gene lockerte den Gurt seines SG338, nahm es von seinem Rücken, klappte mit einem Knopfdruck die Schutzklappen des Zielfernrohrs hoch und visierte in Richtung Leuchtturm. Im gleichen Moment blieb Johnson neben ihm stehen. Sein Atem ging schnell und keuchend.

»Wieso ist deine Kondition heute so beschissen, Johnsie?« sprach Gene weiterhin durch die Zieloptik blickend. Der Lichtverstärker erledigte seine Aufgabe und tauchte das dunkle Land vor ihm in strahlendes Hell.

»Ich weiss… auch nicht… scheint als… würde sich… jemand ein… einen Scherz… mit meinen… Vitalwerten erlauben…«

Diese Mistkerle versuchen mich auszubremsen, indem sie ihn schwächen. Gene sah sich die zombiefreien Felder zwischen seinem aktuellen Standort und dem Leuchtturm an.

Langsam kam Johnson wieder zu Atem »Wieso hab’ ich das Gefühl,… dass du wieder revoltieren willst, Gene?«

Zornig blickte Gene in die noch tränenden Augen von Johnson. »Wenn es so wäre, würde ich dir als Letztem davon erzählen.«

»Was soll das denn jetzt?«

Gene ließ das Gewehr halb sinken und drehte seinen Oberkörper weiter in Richtung seines Gegenübers, während er ihn unbeirrt mit funkelnden Augen anstarrte. »Das soll heißen, dass Perry Bescheid weiß, dass ich kurz vor Einsatzbeginn bei Clarissa gewesen bin, und der einzige, der davon wusste, bist Du…«

Schlagartig wurde Johnson nervös und blickte in alle Richtungen gleichzeitig, um Genes Blick auszuweichen, während er um Worte rang.

»Fick Dich, Johnson, fick Dich und deine Ausreden« platze es aus Gene heraus »Ich will gar nichts weiter dazu wissen. Sämtliche Überwachungssysteme zwischen dem Hauptquartier und Clarissas Haus waren wegen dem Software-Update deaktiviert. Wenn ich Dich Schwachkopf nicht mit genommen hätte, wäre es niemals raus gekommen.«

Ruckartig drehte sich Gene Richtung Dunkelheit, nahm das Gewehr wieder in Anschlag und begutachtete die unmittelbare Umgebung des Leuchtturms. Das Gelände war mit einem zweieinhalb Meter hohen Maschendrahtzaun eingefasst und durch mehrere an Masten montierte Scheinwerfer beleuchtet. Um den Zaun wimmelte es von Zombies, die anscheinend wie die Motten vom Licht angezogen wurden.

Langsam schwenkte Gene den Lauf nach rechts, bis er eine Gruppe von sechs Leuten erblickte. Zwischen den Äckern wuchsen Bäume und Sträucher, um die monotonen Felder vor den Gewalten des Wetters zu schützen. Durch dieses Unterholz sah er nun Perry Ivanhoe zusammen mit vier seiner Leute und dem Paket - in Form eines Anzugträgers - schleichen.

»Da ist ja der Bastard« murmelte Gene. Johnson rückte näher an ihn heran und versuchte mit Hilfe seines Fernglases etwas zu entdecken. Gene fokussierte das in Nadelstreifen getarnte Subjekt. »Und das müsste die Zielperson sein.«

»Was hast Du vor, Gene« Johnson klang irgendwie nervös.

Gene klappte den Schutz über das Zielfernrohr und verstaute das Gewehr wieder auf seinem Rücken, während er langsam Antwort gab: »Ich werde über die Fernwärmeleitung dort drüben zum Leuchtturm laufen, dafür sorgen, dass die Zielperson im darunter liegenden Labor ankommt und dann… werde ich bei Perry kündigen.«

Mit dem Aussprechen der letzten Worte holte er ein paar Schritte Anlauf und sprang dann mit einem Satz auf den drei Meter entfernten Wartungsgang aus metallenem Gitter der Fernwärmeleitung. Er musste sich kurz am eisernen Geländer festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Johnson blickte ungläubig hinterher: »Aber wieso?«

Gene blickte noch einmal zurück.

»Weil ich Dir nicht mehr vertrauen kann und ein Scharfschützenteam ohne Vertrauen, sind einfach nur zwei Kerle, die im besten Fall in dieselbe Richtung blicken.« Und mit diesen Worten verschwand er in der Dunkelheit.

Rund 200 Meter vor dem Leuchtturm endete die Fernwärmeleitung und verschwand in einem Winkel von 45° im Boden. Eine Treppe führte hinter zur grasbewachsenen Erde. Vorsichtig kniete Gene sich am Ende des Wartungsganges hin und lauschte.

Johnsons Laufschritte hinter ihm weckten seine Neugier, so dass er sein Gleichgewicht verlagerte und über seine linke Schulter nach hinten blickte. Johnson hatte anscheinend den Stopp bemerkt und näherte sich nun langsamer und leiser.

Gene blickte wieder zum Leuchtturm, während er sein SG338 bereit machte. Das Gelände hatte die Form eines Rechtecks mit einer Seitenlänge von rund 200 Metern und war von einem drei Meter hohen Maschendrahtzaun umgeben. Insgesamt waren es zwölf auf Masten montierte Scheinwerfer die das Spektakel außerhalb des Zauns beleuchteten.

Gene legte an und schaltete die zwei Scheinwerfer, die den Eingang des Geländes beleuchteten, aus. Durch die entstandene Dunkelheit schienen die Untoten den Bereich zu meiden und strebten zu den angrenzenden beleuchteten Abschnitten des Zauns.

Nach ein paar Minuten war der Eingang praktisch zombiefrei. Die letzten Nachzügler schaltete er mit ein paar gezielten Kopfschüssen aus. Entweder störte der Lärm die Mistviecher nicht oder der Schalldämpfer ist wirklich leise dachte er, als Johnson sich hinter ihn hockte. Gene entfernte das fast leere Magazin und ersetzte es gegen ein neues.

»Und jetzt?« flüsterte Johnson.

Gene zeigte in die Richtung, aus der er Perrys Trupp erwartete. »Jetzt warten wir auf die Paketboten und helfen ihnen beim Zustellen.«

Es vergingen mehrere Minuten, in denen Gene das fast leere Magazin händisch nachlud und zwei weitere Laternen zerschoss, um den zombiefreien Korridor zu vergrößern.

»Sie sind diesmal auf Licht aus.« murmelte Johnson.

»Mottenzombies, öfters mal was neues, Hauptsache sie können nicht fliegen!« witzelte Gene.

Im vorderen Bereich, war das Zauntor zu sehen. Es war groß genug um einen LKW Platz zu bieten und war mit einer Kette und Vorhängeschloss gesichert.

Gene schoss zwei weitere Lampen aus, so dass nun die Hälfte des Areals im Dunkeln lag.

»Jetzt brauchen wir gleich nur noch die Nachzügler ausschalten, und schon wird das Eingangstor sicher sein. Dann braucht Perry nur noch das Schloss knacken lassen und eintreten.«

»Glaubst Du wirklich, dass das so einfach wird?« fragte Johnson mit einem skeptischen Blick.

Gene visierte in die Richtung, wo er Perry vermutete.

»Das werden wir gleich sehen, da hinten kommt ja schon der Toröffner.«

Johnson blickte mit seinem Feldstecher in die Richtung und erblickte seinen Vorgesetzten wie er mit seinen Leuten und dem Anzugträger langsam näher schlich.

»Und wer überbringt ihm nun die frohe Kunde, dass wir hier sind und nicht da, wo wir sein sollten?«

»Keine Sorge, da werde ich mich drum kümmern, aber zuerst gibst du mir dein Sturmgewehr.«

»Was?« Johnson sah ihn erstaunt an, während Gene die modularen Magazintaschen mit der Munition für das SG338 von seiner Weste entfernte.

»Frag nicht so blöd. Glaubst du etwa, dass ich runter zu den Zombies gehe, mit einem Gewehr ohne Autofeuer?« er schob die Munitionstaschen und das Gewehr zu Johnson rüber. »Du mimst jetzt den Sniper, ich kümmere mich um den Rest. Her mit deinem G36C und den Munitaschen, los!«

Murrend tat Johnson wie befohlen. »Deine beiden Maschinenpistolen in deinen Oberschenkelholstern, sind dir wohl nicht genug?«

»Die sind nur für den Notfall« Gene verteilte die Taschen auf seiner Weste und schlang sich den Ein-Punkt-Gurt des Sturmgewehrs um. Dann kontrollierte er das Holosight und den Laserpointer auf Funktionstüchtigkeit.

»Wünsch mir Glück und vergiss nicht die Nachzügler umzulegen.«

Daraufhin schlich er langsam die Treppe hinunter und verschwand im kniehohen Grünzeug der Umgebung.

Johnson verfluchte ihn und beobachtete abwechselnd den Leuchtturm und Perrys Trupp. Gene, mach bitte keinen Blödsinn…

Gene schlich durch einen Abschnitt, der mit halbmeterhohen Gras bewachsen war, bis er an einer Stelle anlangte, die zwischen Zauntor und Perrys Position lag. Dort legte er sich auf die Lauer.

Es dauerte nur ein paar Minuten, in denen er Johnsons gedämpfte Schüsse auf die Nachzügler vernahm, als sich Perrys Haufen näherte. Anscheinend hatten sie auch die Schüsse vernommen, denn sie gaben sich nun deutlich bedeckter.

Gene schaltete seinen Laserpointer an und visierte einen nach dem anderen mit dem grünen Punkt an. Sofort warfen sich alle vor Schreck in den Dreck. Mitchel, der wohl für den direkten Schutz des Anzugträgers abgestellt war, warf sich zusammen mit diesem vorschriftsmäßig zu Boden.

Gene konnte sie fluchen hören und musste leise lachen.

»Wer ist da?« hörte er Perry rufen.

»Hier ist Gene.«

»Marone, verdammt, was machen sie hier?«

Gene verdrehte die Augen, da er sich einfach nicht an den Umstand gewöhnen konnte, dass Perry Ivanhoe seine Leute im Privatleben duzte, im Gefecht aber siezte. Wenn man gewillt war das Privatleben denn überhaupt als solches zu bezeichnen.

»Am Einsatzort war nichts los, da haben wir uns gedacht, dass wir lieber ihnen helfen.«

»Ich brauche keine Hilfe! Ist Johnson bei Ihnen?«

»Johnson hat Stellung bezogen, um uns als Sniper zu decken.«

»Sie sollten den Kirchturm weiter südlich decken.«

»Können wir das nicht später ausdiskutieren. Wir haben den Eingang zum Zielpunkt zombiefrei geschossen und könnten die Mission abschließen.«

Es war ruhig, zu ruhig. Abgesehen von dem Tohuwabohu der Zombies auf der gegenüberliegenden Geländeseite waren keine Geräusche zu vernehmen. Sämtliche Kontaktversuche mit dem Labor waren erfolglos geblieben.

Gene stand mit der Waffe im Anschlag neben dem Tor und beobachtete Williams beim Schlossknacken. Der hätte am liebsten den Bolzenschneider verwendet, aber dann hätten sie das Tor nicht mehr abschließen können. So war er nun im Schein seiner Rotlichtlampe mit einem Dietrichset beschäftigt.

Jetzt erst fiel Gene auf, dass im Licht der verbliebenen Strahler die Insekten der Umgebung dicht gedrängt tanzten. Zeitgleich sah er wie mehrere Fledermäuse immer wieder in die Lichtkegel hinab stürzten, um die Festgesellschaft zu jagen. Bei diesem Anblick bekam Gene ein mulmiges Gefühl. Sind wir die Fledermäuse oder sind wir die Insekten? Er fühlte sich, als könne jeden Moment eine Fledermaus auf ihn stürzen.

Ein leises Klicken und eine klirrende Kette rissen ihn aus seinen Gedanken. Williams hatte das Schloss geknackt und öffnete gerade leise die rechte Seite des Zauntors.

Perry kam mit dem Rest der Truppe aus seinem nahegelegenen Versteck. Grimmig blickte er mit seinem Schminktarngesicht in Genes Augen und grummelte: »Finden sie nicht, dass das alles ein klein wenig zu glatt läuft, Marone?« Dann ging er durch das Tor. Gene bildete als letzter rückwärtsgehend die Nachhut.

Williams schob das Zauntor zu und sah mit einem fragenden Blick zu Perry. Dieser nickte, worauf Williams die Kette wieder anbrachte und mit dem intakten Schloß sicherte.

»Vielleicht ist das Labor ja bereits überrannt worden...«

Perry drehte sich hektisch zu Gene um: »Wie kommen sie denn jetzt auf so einen Scheiß?«

»Na, sie meinten doch gerade eben selber, dass das hier zu einfach ist, da wäre das eine mögliche Erklärung.« meinte Gene und riss dabei seine Augen provozierend weit auf.

»Hören sie mit ihren Horrorgeschichten auf, Marone, und machen sie lieber ihren Job.«

Gene musste grinsen und wandte sich von Perry ab, aber der hatte es schon mitbekommen.

»Was ist denn so verdammt witzig daran?«

»Ich musste grad darüber nachdenken, dass sie noch gar nicht so weit wären, wenn ich meinen Job machen würde.«

Perry legte verständnislos den Kopf schief.

Gene entgegnete mit einem Seufzen: »Die Sache ist doch folgende: Wenn ich meinen Job machen würde, säße ich in diesem Augenblick weiter südlich mit Johnson auf einem Kirchturm und würde gelangweilt in die Gegend starren. Und ihr würdet hier vor dem Zaun stehen, ratlos wie ihr an den Zombiescharen vorbeikommen sollt, ohne eure ganze Munition zu verschießen.« Sein Grinsen war bei dieser Erklärung stetig breiter geworden.

Perrys Gesichtzüge wandelten sich zunehmend von verständnislos zu zornig, doch bevor er etwas erwidern konnte, passierte es. Die verbliebenen Strahler erloschen und tauchten das Gelände in eine tiefe Dunkelheit. Sekunden später wurde die Gruppe durch einen Strahler geblendet, dessen Lichtkegel vom Leuchtturm selber ausging.

»Was wollen Sie hier? Identifizieren Sie sich!« erklang eine resolute Stimme, dessen Quelle nicht erkennbar war.

Überrascht schaute Gene in Perrys verdutztes Gesicht. »Wollen Sie nicht antworten?«

Es dauerte einen Augenblick, bis sich Perry gesammelt hatte. Dann drehte er sich zum Scheinwerfer wobei er mit seiner linken Hand seine Augen gegen das Licht abschirmte. »Trupp Ivanhoe, wir bringen den Zivilisten, der gegen die Infektion immun ist. Das ... Alpha-Paket.«

Irgendwo knarzte im Dunkeln Metall. Seiner Neugier wegen ging Gene ein paar Schritte darauf zu, um aus dem blendenden Lichtkegel zu gelangen.

»Gut, dass sie da sind, wir haben schon alle Vorbereitungen für die Untersuchung getroffen. Treten sie vor die Tür. Es handelt sich um eine Dekontaminationschleuse, die jeweils eine Person aufnehmen kann.«

Die Tür öffnete sich und gab den Blick auf einen kleinen Duschraum frei.

Perry legte seine Hand an den Rücken des Zivilisten und gab ihm zu verstehen hineinzugehen. Daraufhin trottete dieser zögerlich los.

Gene fiel plötzlich auf, dass das Geklapper des Drahtzauns verstummt war. Er hatte einen schlimmen Verdacht und schaltete die Lampe seines Gewehrs ein, da sich seine Augen nicht schnell genug an die Dunkelheit gewöhnen konnten. Seine Befürchtung wurde bestätigt. Die Zombies spielten verrückt, weil sie zur einzigen verbliebenen Lichtquelle wollten. Im Schein seiner eigenen Lampe sah Gene nun fassungslos dabei zu, wie die Zombies sich vor lauter Verlangen am Zaun übereinander stapelten. Die ersten paar Exemplare waren kurz davor über den Rand zu schwappen.

»Schiebt den Zivilisten ein wenig schneller in seine Kammer, wir haben ein Problem!«

»Was haben sie jetzt schon wieder?« brüllte Perry.

In dem Moment schwappte ein Jugendlicher über den Zaun, knallte auf die Wiese und erhob sich langsam. Seine Frisur und seine schief sitzende Brille erinnerten Gene an Woody Allen.

»Der junge Woody Allen ist grad zu Besuch gekommen« rief er nach hinten und presste sein Gewehr an seine Schulter. Doch bevor er abdrücken konnte, erhielt der Zombie bereits einen Kopfschuss. Johnson hatte anscheinend von seinem Wachposten die Gefahr erkannt und machte nun Jagd auf sie.

Schießen kann er noch dachte Gene als auch schon das nächste halbe Dutzend über den Zaun kroch. Er wusste, dass Johnson beim linken Gegner anfangen würde, also schwenkte er sein Gewehr und gab eine kurze Salve auf den rechten Zombie ab. Zuckend blieb dieser am Boden liegen.

»Das Gelände ist mit infizierten Objekten kontaminiert. Ein Zugang kann nicht gestattet werden!« erklang die Stimme des Leuchtturms und verschloss daraufhin die Schleusentür.

Verwirrt blieb der Zivilist ein paar Schritte vorm rettenden Ziel stehen.

Perry wurde sauer: »Verdammt, Marone, was haben sie schon wieder gemacht?«

»Ich habe gar nichts gemacht, aber momentan versuche ich unsere Ärsche zu retten.« schrie dieser und verschoss die letzten Kugeln des Magazins. Dann drückte er den Auswurfknopf, holte zeitgleich ein neues Magazin aus der Tasche und ersetzte es. Der Ladeschlitten glitt nach vorne. »Und für Eure Hilfe wäre ich sehr verbunden.« Dann leerte er in kurzen Feuerstößen das nächste Magazin.

»Unterstützt sofort alle Marone. Mitchel, Sie bleiben hier und passen mir auf unseren Freund hier auf. Sollte diese Tür noch einmal aufgehen, dann werfen sie ihn ungefragt dort rein.«

Mitchel nickte, schob den verängstigten Zivilisten hinter sich und erhob sein Sturmgewehr, während die anderen mittlerweile bei Gene standen und das Feuer eröffneten.

Perry rannte zum Brennpunkt des Geschehens, wo vier wütende Schusswaffen auf die Horde einprügelten. Die lichtgeilen Untoten fielen fast ausnahmslos über die nördliche Umzäunung, da sich hier die meisten von ihnen angesammelt hatten. Durch die Masse hatte der Zaun bereits an einigen Stellen seine Höhe um einen halben Meter eingebüßt.

»Wenn das so weiter geht, wird uns das Drahtstrickwerk keinen Schutz mehr bieten.« schrie Gene zu Perry, »Wir sollten uns nach Süden zurückziehen, uns durch den Draht schneiden und dann bei Johnson auf der Pipeline neu Stellung beziehen.«

Perry versuchte sich im Schein der Taschenlampen und des flackernden Mündungsfeuers einen Überblick zu verschaffen bevor er antwortete: »Das ist gar keine schlechte Idee, Leute, wir ziehen uns zur Pipeline...«

Dann gab der rechte Teil des Zauns unter der Masse der Untoten mit einem lauten Knirschen nach. Die 5.56er Munition hämmerte auf die wankenden Gestalten ein, aber es waren einfach zu viele, jetzt wo der Zaun kein Hindernis mehr bildete. Sie wankten über die schon am Boden liegenden Leichenberge und für jeden Abgeschossenen von ihnen schienen drei neue aufzutauchen.

Gene reagierte blitzschnell: »Zieht euch zum Leuchtturm zurück, bildet einen Schutzwall um den Zivilisten. Ich versuche sie euch solange wie möglich vom Leib zu halten.«

»Tut was er sagt.« brüllte Perry, als seine Leute ihn anstarrten. »Ich unterstütze Marone. Lasst keinen von diesen Beissern an unser Paket ran, sonst sind wir verloren.«

Unter dem Deckungsfeuer der beiden zog sich Perrys Trupp zurück, um mit Mitchel zusammen eine Barriere zu bilden. In diesem Moment krachte es an dem eingerissenem Zaunabschnitt, nachdem Marone eine kostbare Handgranate in die heranstürmende Meute geworfen hatte.

»Ich wünschte, wir hätten mehr von diesen Knallerbsen.« brüllte Perry als er gerade sein Magazin wechselte. »Das ist mein vorletztes Magazin.«

»Ziehen sie sich zurück. Ich komme schon klar mit denen.«

»Sie sind ja verrückt, Marone, wie wollen sie das scha...« Perry stoppte mitten im Satz, als er sah, wie eine eine große Welle auf sie zurannte. Er leerte sein Magazin im Dauerfeuer, wechselte es und leerte auch das letzte Magazin im Dauerfeuer, wodurch die Flut kurzzeitg gestoppt wurde.

Gene tat es ihm gleich und ließ danach sein leergeschossenes Sturmgewehr zu Boden fallen. Die Horde war jetzt nur noch knappe 5 Meter von ihm und Perry entfernt. Er griff zu seinen beiden MP7 und schrie rückwärts gewandt zu den anderen: »Broken Arrow!«

Perry hatte ebenfalls sein Gewehr fallen gelassen und seine Pistole gezogen. »Auf den Boden mit euch. Schmeisst das Paket auf den Boden, schnell!« schrie er und ging selber in die Hocke.

Gene hatte seine beiden Maschinenpistolen gezogen und entsichert. Die Zombies waren noch zwei Meter entfernt, als er die ersten 40 Schuss in kurzen Salven in die hässlichen Visagen versenkte. Trotz seiner Gegenwehr wurde er umzingelt. Er klinkte die leeren Magazine aus und schob die Maschinenpistolen über die beiden großen Ersatzmagazine an seinen Oberschenkelholster. Die Ladeschlitten glitten wieder nach vorne und er fing an, die restliche 80 Schuss in seine Gegner zu pumpen, während er sich langsam im Kreis drehte.

Als er die leergeschossenen MPs fallen ließ standen noch zwei Dutzend Gegner auf ihren schwankenden Beinen. Der Großteil um Perry herum, der sich mit seiner 9 mm wehrte. Gene trat einer übertrieben geschminkten Teenagerin ins Gesicht, wodurch er ihr Genick brach. Dann zog er sein Stiefelmesser.

Sofort dezimierte sich die Zahl stetig, weil Johnson aus der Ferne einen nach dem anderen ausschaltete.

Dann eröffneten auch die anderen das Feuer und kümmerten sich ebenfalls um die Nachzügler, die sich noch außerhalb des Zauns befanden.

Langsam erhob sich Perry wieder auf seine Füße und blickte sich um. Kein Zombie war mehr in Sichtweite.

»Labor, die Bedrohung ist vorüber, öffnen sie die Schleuse und lassen sie das Alpha-Paket hinein.« rief Perry heiser und keuchend.

»Ihrer Aufforderung kann nicht nachgekommen werden. Unter ihnen befindet sich noch ein Infizierter.«

Verwirrt blickten sich alle gegenseitig an.

Perry wurde wütend. Nach Luft schnappend brüllte er: »Öffnet ... die ver .... dammte ... Schleuse!«

Jetzt erst fiel Gene auf, dass Perry sein rechtes Handgelenk festhielt.

»Perry...« er ging langsam auf seinen Vorgesetzten zu.

»Öffnet die ... verdammte ... Schleuse .... ihr Wixer.« Schaum quoll aus Perrys Mund.

Der Lautsprecher des Labors schwieg sich aus.

»Perry, sind sie gebissen worden?« Gene blieb zwei Armlängen von ihm entfernt stehen.

»Was willst du .... verdammter .... Unruhestifter? ... Verschwinde!« schrie Perry und ging mit irrem Blick auf Gene los.

Gene ging einen Schritt beiseite, trat seinem Vorgesetztem die Beine weg, ging in die Hocke und rammte ihm sein Stiefelmesser in den Nacken. Dann stand er auf, ging auf den schockierten Zivilisten zu und packte ihn am rechten Oberarm.

»Labor, die Gefahr ist gebannt, öffnen sie die Schleusen, wenn sie nicht wollen, dass ich das Paket durch ihre Außenhülle drücke.«

Kommentarlos glitt die Tür auf, so dass Gene den Zivilisten hineinwerfen konnte.

Dann drehte er sich zu den anderen.

»Sagt Perry, dass ich kündige.« verkündete er und loggte sich aus der Simulation aus, bevor jemand etwas erwidern konnte.

weiter


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Autor: Tobias Mahs